Fluggesellschaft muss bei Annullierung nicht den vollen Preis zurückzahlen

4. März 2019

BEKANNT AUS

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 12.09.2018, Aktenzeichen C 601/17, entschieden, dass Fluggesellschaften in bestimmten Fällen bei Annullierung nicht den vollständig vom Flugreisenden gezahlten Preis zurückerstatten müssen. Hintergrund dieser Entscheidung ist der Fall einer Familie, die über die Webseite opodo.de Tickets für einen Flug von Hamburg über Barcelona nach Faro (Portugal) mit der Fluggesellschaft Vueling buchten und hierfür insgesamt 1.108,88 Euro zahlten. Dieser Flug wurde annulliert. Im Nachgang machten die Reisenden gegen Vueling die Rückzahlung der vollständigen Ticketkosten geltend. Vueling weigerte sich.

Fluggesellschaft hat nur den eigenen Preis zurückzuzahlen

In dem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Hamburg ist das Verfahren dann ausgesetzt worden und dem Europäischen Gerichtshof zur sogenannten Vorabentscheidung vorgelegt worden. Problem war nämlich, dass Vueling selbst nicht von opodo den Betrag von 1.108,88 Euro erhalten hat, sondern lediglich einen Betrag in Höhe von 1.031,88 Euro. Das bedeutet, dass 77,00 Euro lediglich für die Vermittlung an opodo gingen. Vueling sagte also, dass die an opodo gezahlte Provision nicht Bestandteil des Flugscheinspreises sei und deswegen dieser Anteil von Vueling auch nicht zu erstatten wäre.

Flugschein ist weit auszulegen

Hierzu stellte der EuGH klar, dass eine Provision grundsätzlich beim Kauf eines Flugscheines als Bestandteil des Preises anzusehen ist. Allerdings ist dabei stets die besondere Einbeziehung in den Flugpreis zu prüfen. Der Gerichtshof führt dann aus, dass ein ohne Wissen der Fluggesellschaft festgelegter Bestandteil des Ticketpreises nicht als für die Inanspruchnahme der von ihm angebotenen Leistungen angesehen werden kann.

Damit kann also zusammengefasst werden, dass die Provision für den Vermittler immer dann auch von der Fluggesellschaft zurückverlangt werden kann, außer die Provision wurde ohne das Wissen der Fluggesellschaft festgelegt. Ob dies der Fall ist, ist stets Sache des entscheidenden Gerichts.

Unsere Reiserechtsexperten meinen

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist nachvollziehbar und einleuchtend. Es wäre lediglich schön, wenn der Gerichtshof sogleich eine Vermutungsregel aufgestellt hätte. Im Zweifel werden die Fluggesellschaften nun stets behaupten, dass Provisionen ohne ihr Wissen festgelegt worden sind. Das mag in vielen Fällen auf die konkrete Provision (-s Höhe) auch zutreffend sein. Allerdings können Fluggesellschaften kaum behaupten, bei verkauften Tickets über Vermittlungsportalen davon auszugehen, dass dort überhaupt keine Provision fällig würde. Gelingt es einer Fluggesellschaft tatsächlich, den Anspruch auf Rückzahlung des gesamten Flugpreises (inklusive Provision) abzuwehren, bleiben Flugreisenden nicht schutzlos gestellt. Denn in solchen Fällen ist zu prüfen, ob die Provision nicht direkt beim Reisevermittler zurückverlangt werden kann.

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